Meridian Zero

Leseprobe Lanzarote



Lanzarote

Der Vergleich drängt sich auf: Genauso ausgebrannt wie die Erde hier habe auch ich mich noch vor einigen Monaten gefühlt. Das hat mich schließlich zu meiner Reise bewogen und an diesen Ort geführt. Und jetzt bin ich froh, endlich hier zu sein. Oben an der Passhöhe, kurz vor dem Eingang zum Nationalpark Timanfaya lasse ich meinen Blick über eine archaisch anmutende Landschaft schweifen.

Ich bin mit dem Fahrrad hergekommen, 30 Kilometer liegen heute schon hinter mir. Lanzarote eignet sich eigentlich recht gut zum Radfahren, die eher niedrigen Berge, an denen die Wolken nicht hängen bleiben, haben auch ihre Vorteile. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Landschaft hier genauso flach ist wie Dänemark: Auf den letzen 10 Kilometern habe ich mich 350 Höhenmeter nach oben gekurbelt und gegen den Wind gekämpft, der mir unablässig entgegenkommt. Ich bin glücklich, dass meine Kondition überhaupt reicht und mächtig stolz, als ich endlich oben ankomme.

Die vielen Rennradfahrer, die mich überholen oder denen ich unterwegs begegne, mögen darüber müde lächeln, aber das ist mir heute egal. Sie spielen sowieso in einer anderen Liga und scheinen allesamt für den Ironman zu trainieren: Durchtrainiert und kein Gramm Fett am Leib, dazu eine ebenso gewichtsoptimierte Karbon-Rennmaschine vom Allerfeinsten. Immerhin, ausnahmslos alle erkundigen sich, ob bei mir alles in Ordnung ist. Wahrscheinlich stehen mir die Strapazen ins Gesicht geschrieben und ich sehe genauso fertig aus, wie ich mich fühle. Ich finde das sehr anständig von den Sportsfreunden.

Unterwegs, kurz hinter Yaiza, hatte ich schon ans Aufgeben gedacht. Als ich am unvermeidlichen Kameltreiber vorbeifahre frage ich mich, ob die Kamele (genau genommen sind es wohl Dromedare) auch Fahrräder transportieren. Wohl eher nicht. Aber selbst wenn dem so wäre, die Kameltour brächte mich nicht weiter. Es sind nur ein paar hundert Meter, eine kurze Runde um einen Hügel am Fuße des Vulkans. Gerade genug, damit sich die Touristen gegenseitig auf dem Wüstenschiff fotografieren können.

Oben an der Passhöhe treffe ich auch Karin aus Darmstadt, die mich eben noch überholt hat, beim Fotografieren. Sie ist bereits das dritte Mal hier im Trainingslager, wo man schon in der Sonne Radfahren kann, während es zuhause in Deutschland noch regnet. "Macht doch Spaß, oder?" Fragt sie mich. "Klar", lüge ich sie an.

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